0. Einstieg: Verwunderung über diesen Text am Karnevalssonntag
Nun sitz ich da an meinem Tisch,
den ganzen Ballast weg ich wisch, (Handbewegung)
um herzustelln mit frohem Mut,
ein Predigtlein, das euch tut gut.
(Nur hier: Orgel(?): Tata Tata Tata)
Denn heute, denk ich, ist´s der Fall
wird´s leicht, – denn heut ist Karneval!
Nun bin ich einfach mal ein Dichter!
Freu mich auf heitere Gesichter.
Drum fröhlich schlag ich auf die Bibel
und les den Text – – – – – oh welch ein Übel!
Nein bitte nicht! – Nicht grade heute,
denkt doch an all die vielen Leute,
die heute in der Kirche sind:
Der Vater, Mutter und das Kind!
Sie warn noch gestern fröhlich feiern
und heute soll ich sie ab-meiern?
Mich trifft es fast so wie ein Schlag,
mein Mut sagt: „Hilfe, ich versag!“
Und mein so fröhliches Projekt
erscheint im Ansatz schon verreckt.
Ach – ja – ihr kennt ja nicht den Text
der mich so stark in Schreck versetzt.
Ich wünscht, ich könnt es euch ersparen
jedoch ihr müsst den Text erfahren.
Doch mag ich es nicht selber tun
drum spreche die Lektorin nun.
<i>[bzw. lass sprechen drum den Lektor nun.]</i>
[TEXT]
1. Was hat sich die liturgische Kommission nur gedacht?
Damit ihr mich nicht missversteht:
Ich lieb ihn sehr, diesen Prophet,
der sprach von Recht, und wie es geht
wenn jeder ernstlich zu dem steht,
was Gott für diese Erd gewollt
seit sie um ihre Achse rollt.
Ich schwör, ich liebe diesen Text –
an jedem Tag – doch nur nicht jetzt.
Denn es ist Karneval doch heute
und, wenn ich´s predigte, bereute,
doch wohl ein jeder, dass er ging
heut morgen hier zur Kirche hin.
Ein mal im Jahr ist Faschingszeit.
Ein Sonntag mal der Heiterkeit.
Ein Tag des unbeschwerten Seins.
EINmal nicht Ethik-Einmaleins!
Voll Neid dächt jeder an die Jecken
die jetzt noch in den Betten stecken.
Sie aalen sich in Träumereien
(wenn sie nicht grad noch Bier ausspeien).
Wer also hat das abgecheckt
und diesen Text hier ausgeheckt?
Wer hat wohl nach durchwachter Nacht
den Predigtplan sich ausgedacht?
Vor mir seh ich im Geist die Herren
der Kommission für Liturgie.
Seh, wie sie an den Texten zerren,
seh ihre Bibel-Chirurgie,
seh, wie sie sorgsam Texte schneiden,
die uns nun hier den Spaß verleiden.
Ich hör´ den, der den Vorsitz führt,
wie er das Glaubensfeuer schürt:
(Mit verstellter Stimme:)
„Wohlan ihr Herrn – der Predigtplan
der ist dem Christ sein Lebertran!
Es soll der Text nicht immer schmecken,
er soll allein das Heil erwecken!“
„Und außerdem, der Karneval
ist eh ein einz´ger Sündenfall.
Es reicht ja wohl, dass die Katholen
sich amüsiern ganz unverhohlen
und dieser Zeit mit all den Jecken
unter einer Decke stecken.
Nein, drei mal Nein das soll nicht sein,
Wir halten unsere Lehre rein.“
Drum also dachten sie bei sich
mit diesem Text ham wir den Stich.
Dann könn´ wir mit dem Amos wettern
und von der Kanzel kräftig schmettern.
Oh protestantisch Dörrgemüse
in deiner Liturgie-Kombüse!
(Mir drückt es auf die Gallendrüse.)
Sprach Amos denn von Heuchelei?
Und dass der Christ was bessres sei?
Dass man sich könne überheben
und dünken, man würd besser leben?
2. Was Amos meint: Kritik an den „frommen Rechtsbrechern“
Ich denke mir, ihr merkt es schon
es ist zwar reichlich hart der Ton
des Amos in dem Predigtext
mit dem er uns in Schreck versetzt.
Doch geht’s nicht um den Karneval.
Was anderes ist hier der Fall:
Es geht um religiöse Feste
der Menschen mit der „weißen Weste“,
die Sonntags große Reden führen
doch alltags niemals Liebe spüren.
Es war damals zu seiner Zeit,
ganz ähnlich eigentlich wie heut:
Die Reichen wurden immer reicher
sie bauten immer größre Speicher,
die andren aber – Gott erbarm
die wurden dabei bettelarm
Denn war einmal die Ernte spärlich
so wars für jene gleich gefährlich.
So manches Mal in ihrer Not
wurd aus dem Saatgetreide Brot.
Kam dann das Frühjahr in das Land
kein Körnchen man zur Aussaat fand.
Und Mutter sprach zu ihrem Kinde
geh zu des Großbauern Gesinde
und höflich frag den reichen Mann
ob er uns nicht was leihen kann.
Der aber sprach mit einem Grinsen:
„Oh sicher, ja! – Doch – – – ich will Zinsen.“
So ging das ganze Jahr um Jahr
bis alles dann sein Eigen war.
So pressten sie die Armen aus
und trieben sie oh weh, oh graus
am Ende aus dem Hause raus.
Der Reiche hat nun noch mehr Land
zusamm`gerafft in seiner Hand.
Der Arme aber hat den Hohn
und schuftet nun im Tagelohn.
Am Sonntag geh´n die Reichen beten
der Arme aber schaut betreten
wie sie die andren Menschen blenden
mit etwas Geld, das sie dort spenden.
3. Und wir heute?
Ganz ähnlich ist´s zu unsren Zeiten
tut man sie aufmerksam begleiten.
Das Beispiel ist der Ackermann,
wie man sich schnell bereichern kann.
Auch sonst zählt nur der Aktionär
und ist schon lange Millionär.
Damit die Aktienkurse steigen
spielt jeder den Entlassungs-Reigen.
Familien werden arbeitslos
egal – der Aktienkurs wird groß!
Die Väter von dem Grundgesetz,
die spannten ein soziales Netz.
Sie schrieben, so ward mir berichtet
dereinst, dass „Eigentum verpflichtet“.
Wer etwas hat – von Gottes Gnaden –
der soll sich nicht nur darin baden.
Man soll darin die Gabe sehn
und dann mit sich zu Rate geh´n,
wie man das Leben will versteh´n:
Ob man auf Erden, um zu raffen
oder: was Gutes hier zu schaffen.
Für Amos ist die Sache klar.
er findet´s völlig untragbar
am Sonntag sich gerecht zu sprechen
und andern Tags das Recht zu brechen.
Drum Amos, selber Bauernsohn,
kippt Kübelweise Spott und Hohn
und nennt gar diese reichen Frauen
wie sie da gehen „fette Sauen“!
Und kehren wir zurück nach heute
sinds nicht primär die jecken Leute,
die unser Amos kritisiert,
sondern, die ganz ungeniert,
Gerechtigkeit mit Füßen treten
um hintendrein zu Gott zu beten.
Er will nicht, dass wir Trübsal blasen,
sondern, dass wir Unrecht hassen.
Das bloße Zeigen trüber Minen
tut weder Gott noch Armen dienen.
4. Das Recht ströme wie Wasser
Der Amos hat ein andres Bild
von Gottes Recht und dass es gilt.
Die Erde ist für ihn ein Land
fast wie´s im Paradies sich fand:
Sie ist durchwoben und durchzogen
von Gottes Recht – wie Wasserwogen,
die sich durch eine Gegend ziehen
und alle Dürre muss da fliehen.
Doch wenn der Mensch mit seinem Sinn
baut hier und da ´ne Sperre hin
und stoppt das Recht und hält es auf
und hemmt des Rechtes freien Lauf
dann hört die Fruchtbarkeit bald auf.
Drum lasst das Recht unter euch fließen,
freut euch des Guten, lasst es sprießen!
Schaut nicht nur auf den eignen Nutzen.
Und – seht ihr Unrecht – tut im trutzen.
Stellt ihr dem Unrecht euch entgegen,
dann – glaubt es mir – seid ihr ein Segen.
Doch – lebt nicht als die Miesepeter!
Seid unserm Gotte frohe Beter!
Zu leben hier als Trauerklöße
zeigt einfach auch nicht Gottes Größe.
Und die Apostel der Moral
sind meistenteils ja doch ´ne Qual.
Drum:
Macht sich breit die Faschingszeit
lobt Gott mit eurer Fröhlichkeit.
Tanzt und singt und springt, seid heiter
im Alltag drauf gebt Gutes weiter!