Es war einmal vor langer, langer Zeit in einem fernen Land. Da lebte ein mächtiger und reicher Kaiser, der wollte einmal gerne wissen, wie viele Menschen denn in seinem Reich lebten. Er wollte das wissen, damit er noch mehr Steuern verlangen konnte, um noch reicher zu werden. Und er befahl: Um sich zählen zu lassen, muss jeder in seinen Heimatort gehen. So machte sich auch ein Zimmermann mit seiner Verlobten auf den Weg in seinen Heimatort. Die Reise war sehr beschwerlich, denn seine Frau erwartete ihr erstes Kind und so weiter und so fort.
Nein – so beginnt die Weihnachtsgeschichte nicht.
Sondern sie beginnt so:
In jener Zeit erließ Kaiser Augustus den Befehl an alle Bewohner seines Weltreichs, sich in Steuerlisten eintragen zu lassen. Es war das erste Mal, dass solch eine Erhebung durchgeführt wurde; damals war Quirinius Gouverneur von Syrien. So ging jeder in die Stadt, aus der er stammte, um sich dort eintragen zu lassen. Auch Josef machte sich auf den Weg. Er gehörte zum Haus und zur Nachkommenschaft Davids und begab sich deshalb von seinem Wohnort Nazaret in Galiläa hinauf nach Betlehem in Judäa, der Stadt Davids, um sich dort zusammen mit Maria, seiner Verlobten, eintragen zu lassen. Maria war schwanger.
Und das ist das erste, was wir immer wieder neu hören und begreifen müssen:
Weihnachten ist kein Märchen, kein Mythos und keine Legende.
Weihnachten ist wirklich in echt geschehen.
Und zwar nicht hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen.
Sondern in Bethlehem, in der Region Judäa der römischen Provinz Syrien.
Und nicht irgendwann vor langer Zeit, sondern damals, als August römischer Kaiser war, Qurinius Statthalter in Syrien und die erste Steuerschätzung für Judäa durchgeführt worden ist.
Damals ist ein Mensch namens Jesus geboren worden.
Jesus – der später viele viele Menschen verblüfft hat mit dem was er getan hat und was er gesagt hat.
Und mit seinem grenzenlosen Vertrauen in einen liebenden Gott.
Mit seiner radikalen Liebe
Mit seiner Botschaft von Vergebung und Frieden.
Und noch heute, fast 2000 Jahre später, feiert die ganze Welt seinen Geburtstag.
Auch Menschen, die sonst überhaupt nichts mit ihm zu tun haben.
Auch Menschen, die zu ganz anderen Religionen gehören.
Jesus – der Anlass für die größte Feier der ganzen Welt.
Für die meisten Menschen ist Weihnachten vor allem ein Fest der Familie.
Wo wir feiern, dass wir nicht allein sind, sondern eine Heimat haben, und Menschen, denen wir etwas bedeuten.
Für die meisten Menschen ist Weihnachten vor allem ein Fest der Liebe. Wo wir einander zeigen wollen: Ich liebe dich. Du bist mir kostbar und wertvoll.
Für die meisten Menschen ist Weihnachten vor allem ein Fest der Freude. Wo wir einander Geschenke machen um uns gegenseitig eine Freude zu machen.
Ja, das alles gehört auch zu Weihnachten – aber eigentlich ist es nur die Oberfläche von Weihnachten.
Denn eigentlich ist das eine Geschichte, wo zwei Imperien aufeinanderprallen.
Zwei Weltmächte
Zwei Regierungsweisen
Zwei vollkommen gegensätzliche Weltanschauungen und Lebensweisen.
Auf der einen Seite ist da Augustus.
Der römische Kaiser
Er ist sehr reich
Er ist sehr mächtig
Er ist der unumstrittene Herrscher im römischen Weltreich
Sein Wort ist Gesetz.
Seine Gegner hat er umbringen lassen
Und er lässt sich verehren.
Als Sohn Gottes
Und als Friedefürst
Denn er bringt der Welt den Frieden.
Und zwar durch seine Legionen, seine militärische Macht
Jeder, der sich ihm widersetzt, wird niedergemacht.
Und jeder, der diesen Frieden nicht bejubelt, wird an ein Kreuz genagelt.
Friede durch Stärke
Friede durch Sieg
Das waren seine Slogans
Er will alle Menschen beherrschen und er will abkassieren.
Darum lässt er diese Steuerschätzung durchführen, um alle Menschen zu erfassen.
Um genau zu sehen: Wie viel Geld können sie mir bringen.
Welchen Wert haben sie für mich.
Augustus will herrschen.
Durch Stärke
Durch Macht
Durch Gewalt
Mit Geld
Mit Zwang
Mit Angst
Für jedes Versagen wird ein Schuldiger gesucht
Jeder muss für sich selber sorgen
Er bewertet alle Menschen danach, ob sie auf ihn hören und was sie für ihn leisten können.
In seinem Reich gilt: Alles hört auf mein Kommando.
Macht durch Stärke
Und Geld regiert die Welt.
Und auf der anderen Seite ist da Jesus.
Er kommt nicht mit mehreren Legionen, sondern er kommt als schwaches, schutzloses Baby.
Er kommt nicht um zu herrschen, sondern um zu dienen.
Er kommt ohne Gewalt
Geld, Reichtum ist für ihn ohne Bedeutung
In seinem Reich herrschen Freiheit
Und Barmherzigkeit
Und Verständnis
Und füreinander da sein
Und Gnade
Und Vergebung
Und bedingungslose, grenzenlose Liebe.
Er sucht keine Schuldigen, sondern nimmt alle Schuld auf sich.
Er bewertet die Menschen nicht nach Erfolg und Leistung oder nach Macht und Stärke oder nach Aussehen und Besitz, sondern danach, wie groß ihre Sehnsucht nach Wahrheit ist, wie groß ihre Sehnsucht nach Liebe ist.
Darum verkünden die Engel auch:
Fürchtet euch nicht!
Wir verkünden euch eine große Freude, die für alle Menschen da ist
Jesus wird auch der Sohn Gottes genannt
Und Friedefürst
Aber er ist ein total anderer Friedefürst als Augustus
Augustus hat Frieden gemacht, indem er alle seine Feinde niedergemacht hat.
Jesus hat Frieden gemacht, indem er zu grenzenloser Vergebung bereit war und indem er sich schließlich an ein Kreuz nageln lassen statt sich zu wehren – und indem er dann von den Toten auferstanden ist.
Und das alles hat an Weihnachten begonnen.
Damals, in Bethlehem.
Und was hat das mit uns zu tun?
Ganz einfach.
Diese beiden Weltreiche sind nicht nur damals aufeinander geprallt, sondern sie machen das auch noch heute.
Hier und jetzt.
Ständig.
Unaufhörlich.
Und wir sind da mitten drin.
Und wir müssen uns einmal grundsätzlich und dann beinahe jeden Moment immer wieder neu entscheiden:
Auf welcher Seite stehen wir?
Auf welcher Seite stehen wir?
Auf wen hören wir?
Von wem lassen wir uns prägen und bestimmen?
Um diese Entscheidung kommen wir nicht drum herum.
Denn es gibt da keine neutrale Zone und es gibt auch keinen unbeteiligten Zuschauerbereich.
Diese beiden Reiche, diese beiden Herrschaften ringen um uns.
Und sie ringen in uns.
Ständig.
Und wir leben in einer Welt, in der sich die meisten Menschen die meiste Zeit auf die Seite von Augustus schlagen.
Und das hat ganz praktische Auswirkungen.
Warum machen sich die Leute mancherorts gegenseitig das Leben zu Hölle? Nicht bereit, sich zu versöhnen.
Ich könnte uns da Geschichten erzählen! Es ist der Wahnsinn!
Nicht in der Lage, auf die Bedürfnisse und Interessen der Anderen einzugehen. Oder denken wir an diese Superreichen:
Warum lassen sich manche Menschen von der Gier nach Geld treiben, obwohl sie genau wissen und sogar selber sagen, dass Geld nicht glücklich macht.
Das ist doch krank, das ist doch gestört!
Das kann doch kein Mensch nachvollziehen!
Ich glaube, einer der Gründe, warum Weihnachten so ein beliebtes Fest ist, ist:
Weil wir das in unserem Herzen spüren, dass wir uns viel zu oft von Augustus beherrschen lassen, dass wir ihm die Macht über unser Denken und Reden und Handeln geben – und dass wir ganz tief in uns eine andere Sehnsucht haben.
Eine Sehnsucht nach einer Welt voller Liebe.
Eine Sehnsucht nach einer heilen Welt voller Gnade und Mitgefühl.
Eine Sehnsucht nach einer Welt voller Miteinander statt Nebeneinander oder Gegeneinander
Einer Welt, in der die Menschen nicht Augustus nachfolgen und sich von ihm beherrschen lassen, sondern von Jesus.
Auf lange Sicht ist das übrigens auch viel besser.
Der Friede von Augustus, den gibt es schon lange nicht mehr.
Von seinem Reich sind nur ein paar Steinhaufen, ein paar Ruinen übrig geblieben.
Und auch Augustus ist schon lange tot und vergessen.
Und wer erinnert sich schon groß an ihn? Abgesehen vom Lateinunterricht in der Schule und ein paar Historikern?
Jesus aber lebt.
Hier
Heute
Und unzählige Menschen feiern seit fast 2000 Jahren seinen Geburtstag und folgen ihm nach.
Und er gibt uns auch noch heute seinen Frieden.
Frieden, der größer ist als unser Verstehen und Begreifen.
Und er befreit auch heute noch Menschen.
Damit sie ausbrechen können aus dem Teufelskreislauf von Druck und Leistung und Bewerten und Beurteilen und Drohen und Angst und Vergeltung.
Damit wir es lernen, uns zu versöhnen.
Damit wir es lernen, einander selbstlos zu lieben.
Damit wir es lernen, frei von Angst zu leben.
Denn wir haben die Botschaft der Engel in unseren Herzen:
Fürchtet euch nicht
Jesus ist geboren
Gott ist Mensch
Hier bei uns
Hier für uns
Und es gibt jetzt absolut keinen Grund mehr Angst zu haben.
An Weihnachten prallen zwei Imperien aufeinander.
Und wir entscheiden, welches davon in unserem Leben herrschen wird.
Bevor wir unser nächstes Lied singen, werden wir darum ein paar Momente still.
Und ich lade jeden ein, darüber nachzudenken.
(Pause)
Und der Friede Gottes, …